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Aktuelles von der BBG
Abende voller Leben
In der Jahnstraße gibt es nun eine Künstleretage – und weitere tolle Neuigkeiten


Wo ist man hier? Im Labor eines sonderbaren Sammlers? In Plastikschalen liegen Orchideenblüten, Senfkörner, Muscheln, farbiger Sand und Krebse. Daneben Reagenzgläser, bis obenhin gefüllt. Nägel, Eierschalen, elektronische Bauteile. Die Sammlerin ist gerade im Gespräch: „Das Kaninchenhaar hat mein Sohn mitgebracht. Er arbeitet in einer Kaninchen-Auffangstation auf Gran Canaria“, erzählt Sabine Beck. Und dann sieht man fasziniert, woran sie arbeitet. Sie gestaltet Kunst in handgeschöpftem Papier. Durch Einarbeitung von Naturstoffen, Kleinmaterial und Übermalungen entstehen reich strukturierte Bilder. In der Jahnstraße 8a kann man nun dabei zusehen. Hier gibt es seit November eine Künstleretage.


Die Kult-Straße hat sich stark gewandelt

Die „Kult-Straße“ im westlichen Ringgebiet hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Seit dem Spätsommer sind alle Häuser modernisiert! Nur eine Aufgabe ist noch geblieben: die Neugestaltung einiger Höfe. Gemütliche Sitzecken sollen dafür sorgen, dass die Nachbarn auch gern draußen sitzen. Denn Austausch und Begegnung, Interesse an Diskussionen und kreativen Projekten – das gehört zum Quartier fest dazu. Künstler und Sportler unter einem Dach Der besondere Charme ist geblieben. Viele Facetten sind jedoch dazugekommen – und innovative Wohnformen. Bereits 2008 hat ein Sportlerhaus einen neuen Akzent gesetzt. Hier wohnen nun Fußballer, Basketballer und Footballer Tür an Tür. Gleichzeitig wurde das Quartier durch viele Studenten neu belebt. Die HBK hat Genossenschaftsanteile erworben und bietet Wohnraum in Nähe der Kunsthochschule an. So wurde die Jahnstraße zum kleinen Künstlerviertel, inklusive Kellerateliers und Ausstellungen.


Wir bleiben nicht stehen

Eine weitere tolle Entwicklung: Die Jahnstraße steht heute auch für Unterstützung, Integration und Begleitung. Die Mansfeld-Löbbecke-Stiftung betreut in fünf Wohnungen junge Erwachsene mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen. Das Ziel: Sie sollen so selbständig wie möglich agieren. In Haus 1 ist die Nähwerkstatt Flickwerk eingezogen. Sie bietet kostenlose Nähkurse an. An langen Tischen wird an Neuem getüftelt und Altes ausgebessert – und dabei Kaffee getrunken und erzählt. Schaut man durchs Fenster, sieht man lebhaften Austausch. Die Modernisierung ermöglichte nun, auch dem Verein „Der Weg“ acht Wohnungen in einem Haus bereitzustellen. Der Verein für gemeindenahe sozialpsychiatrische Hilfen betreut Menschen mit einer seelischen Erkrankung. Das Leben in einer eigenen Wohnung fördert die Eigenverantwortung – stärker, als es in einem Wohnheim möglich wäre. Dazu kommt nun der reizvolle Farbtupfer durch die Künstleretage. In eine der drei Erdgeschoss-Wohnungen ist „bskunst.de“ gezogen. Der Kunstverein nutzt Leerstand, um Werke regionaler Künstler auszustellen, aktuell etwa in der Friedrich-Wilhelm-Straße 4. Das 12-köpfige Team freut sich, wenn es Künstler bekannter machen kann. „Ein Galerist ist in erster Linie Händler. Er schaut, was gut verkäuflich ist. Wir sind offen für alles“, erzählt Astrid Brandt. „Das habe ich mir hier immer gewünscht: eine offene Galerie, in der Künstler sagen: Schau mal, was ich habe.“ Der Verein vergibt 2019 auch einen Frauenförderpreis. Bislang traf man sich in wechselnden Wohnungen. Nun gibt es einen festen Sitz für Planungen, Ausstellungen und künstlerischen Austausch – und für ein Atelier des Künstlers Ewald Wegner.



Kreative Kinder


Die Nachbarwohnung nutzen die „Kunstkoffer“. Einmal pro Woche bringen Kunstpädagogen und Künstler Koffer zum benachbarten Spielpatz. Unter ihrer Anleitung gestalten Kinder mit künstlerischen Materialien und Werkzeugen. Die Räume ermöglichen nun, auch Workshops anzubieten. In den vergangenen Wochen sorgten bereits eine Druckwerkstatt und eine Feuerwerkstatt für viel Interesse.


Regelmäßiges Treffen bei der Ateliergemeinschaft

Das Land Niedersachsen stellte für die Künstleretage Städtebauförderungsmittel in Höhe von 54.000 Euro zur Verfügung. So stehen die drei Wohnungen zwei Jahre lang mietfrei zur Verfügung; anschließend acht Jahre lang für einen Euro pro Quadratmeter! Das freut nun auch die Ateliergemeinschaft „Die 3“. Neben Sabine Beck arbeiten Dagmar Senz und Maic Ullmann in der Jahnstraße 8a an neuen Werken: an Skulpturen, Collagen sowie Acryl- und Ölmalerei. Wöchentlich donnerstags ab 19 Uhr sind die Räume voller Besucher. Dann wird locker über Kunst und die Welt erzählt. Getränke und Knabbereien stehen bereit, und oft greift auch jemand zur Gitarre, zur Trommel oder zum Akkordeon. „Wir versuchen, die Leute miteinander bekannt zu machen“, berichtet Dagmar Senz. „Es sind Abende voller Leben und Freundlichkeit.“